Steuerhinterziehung (§ 370 AO) – Ihr Anwalt für Strafrecht in Berlin, Brandenburg und bundesweit
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Informationen zum Thema Steuerhinterziehung (§ 370 AO)
Die Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt sondern eines der zentralen Delikte im Steuerstrafrecht. In den meisten Fällen beruht eine Steuerhinterziehung auf einer Handlung mit wenig großer krimineller Energie und ist zudem schnell verwirklicht. Im Vordergrund steht hierbei das staatliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen der einzelnen Steuern. Dabei stellt der Tatbestand die Hinterziehung von Steuern unter Strafe, wobei der Erfolg entweder in der Herbeiführung einer Steuerverkürzung oder der Erlangung eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils dient.
Wie sieht der Normaufbau des § 370 AO aus?
Absatz 1
Enthält den Grundtatbestand der Steuerhinterziehung.
Absatz 2
Regelt die Versuchsstrafbarkeit.
Absatz 3
Nennt Regelbeispiele der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall.
Absatz 4
Hier hat der Gesetzgeber die Begriffe der Steuerverkürzung und des Steuervorteils legal definiert.
Absatz 5
Klarstellung, dass die Tat auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden kann, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.
Absatz 6
Erweitert den Anwendungsbereich auf Eingangsabgaben, die von einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit diesem assoziierten Staat zustehen.
Absatz 7
Erstreckt den Geltungsbereich des Tatbestandes auf Auslandstaten.
Wann mache ich mich einer Steuerhinterziehung strafbar?
Tatbestandsvoraussetzungen
Die beiden wichtigsten Begehungsformen der Steuerhinterziehung sind zum einen die Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen (Nr. 1) und zum anderen die Steuerhinterziehung durch Inunkenntnislassen der Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen (Nr. 2). Bezüglich der Nr. 3 des § 370 Abs. 1 AO ist zu bemerken, dass dieser heute keine große Rolle mehr zukommt, da nur noch Tabakwaren mit Steuerzeichen versehen werden müssen.
1. Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Tatsachenangaben (Nr. 1)
Die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO besteht im Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gegenüber einer Finanzbehörde oder einer anderen Behörde.
a. Angaben
Angaben macht der Steuerpflichtige, wenn er durch ausdrückliches oder schlüssiges Verhalten etwas bekundet. Die meisten Angaben gegenüber den Finanzbehörden werden aber wegen des formalisierten Verfahrens ausdrücklich gemacht.
b. Tatsachen
Die Angaben des Steuerpflichtigen müssen sich dabei auf Tatsachen beziehen. Hierbei erfolgt eine Abgrenzung zu Werturteilen. Werturteile zeichnen sich dadurch aus, dass diese reine Meinungsäußerungen als Mitteilung subjektiver persönlicher Wertungen darstellen. Der Begriff der Tatsachen ist grundsätzlich in der Weise zu verstehen, dass diese dem Beweis nach zugängliche Umstände der realen Welt, d.h. alle konkreten vergangenen oder gegenwärtigen Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des Innenlebens einbezieht.
c. Steuerliche Erheblichkeit der Angaben
Die Angaben müssen steuerlich erheblich sein. Die steuerliche Erheblichkeit muss darin bestehen, dass die Tatsachen auf die Entstehung, Höhe oder Fälligkeit der Steuer oder das Erlöschen des Steueranspruches von Einfluss sind.
d. Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit
Die Angaben des Steuerpflichtigen müssen unrichtig bzw. unvollständig sein. Unrichtig bzw. unvollständig sind die Angaben, wenn der Tatsachenbestandteil der Erklärung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
e. Gegenüber der Finanz- oder einer anderen Behörde
Die unrichtigen Angaben müssen gegenüber einer Finanzbehörde oder einer anderen Behörde gemacht werden. Somit ist eindeutig, dass die Täuschung von Privatpersonen, auch des Steuerberaters, den Tatbestand nicht erfüllt. Jedoch kann wegen § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB auch gegenüber einem (Finanz-)Gericht der Tatbestand verwirklicht werden.
f. Vorsatz (Nr. 1)
Der Vorsatz in Bezug auf § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO muss sich auf
- die Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben gegenüber einer Finanz- oder anderen Behörde,
- die steuerliche Erheblichkeit der Angaben (Kenntnis des Grundes und der möglichen Höhe des Steueranspruches notwendig) und
- den Taterfolg in Form der Steuerverkürzung bzw. Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile beziehen.
2. Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges Inunkenntnislassen der Finanzbehörde (Nr. 2)
Die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO besteht darin, dass der Täter die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Dazu gehören sowohl die Nichtabgabe, als auch die verspätete Abgabe einer Steuerklärung.
a. Unkenntnis der Finanzbehörde
Die Finanzbehörde muss sich in Unkenntnis über steuerlich erhebliche Tatsachen, infolge des Unterbleibens der Angaben befinden. Hierzu zählt die jeweils zuständige Stelle. Maßgebend ist hierbei die Kenntnis des Sachbearbeiters.
b. Steuerlich erhebliche Tatsachen
DIe Auslegung erfolgt wie bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.
c. Unterlassen der Aufklärung
Das Unterlassen der Aufklärung muss trotz Handlungsmöglichkeit des Täters und dessen Zumutbarkeit erfolgen. Eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen begeht auch, wer entgegen § 153 AO nachträglich, aber vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt, dass eine von ihm abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Steuerverkürzung kommen kann.
d. Pflichtwidrigkeit
Pflichtwidrig i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO handelt, wer eine Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verletzt.
e. Vorsatz (Nr. 2)
Der Vorsatz in Bezug auf § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO muss sich auf
- die Unkenntnis der Finanzbehörde,
- das Unterlassen der Aufklärung,
- die steuerliche Erheblichkeit der maßgeblichen Tatsache,
- den Tatsachen aus denen die Aufklärungspflicht folgt und
- den Taterfolg beziehen.
3. Steuerhinterziehung durch unterlassene Verwendung von Steuerzeichen (Nr. 3)
Im Falle des § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO handelt es sich lediglich nur noch um ein Steuerzeichen, nämlich die Tabaksteuerbanderole, dessen Nichtverwendung strafbar ist.
Vorsatz (Nr. 3)
Der Vorsatz in Bezug auf § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO muss sich auf
- die Pflicht zur Verwendung von Steuerzeichen,
- das Unterlassen der Verwendung und
- den Taterfolg beziehen.
Taterfolge der Steuerhinterziehung (Nr. 1 – 3)
1. Steuerverkürzung
Eine Steuerverkürzung realisiert sich in dem Sinne, dass das Steuer-Ist hinter dem Steuer-Soll auf der Grundlage der Angaben des Täters zurückbleibt. Voraussetzung hierfür ist, dass noch ein bestehender fälliger Steueranspruch besteht. Eine Steuerverkürzung erscheint in den meisten Fällen in Formen, wie den Veranlagungssteuern oder Fälligkeitssteuern. Veranlagungssteuern sind unterlassene Steuern, die zu gering oder verspätet festgesetzt wurden. Fälligkeitssteuern hingegen sind unterlassene Steuern, die eine zu niedrige oder verspätete Anmeldung und Entrichtung der Steuer zum Zeitpunkt der Fälligkeit mit sich ziehen.
2. Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile
Die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile stellt die von der Finanzbehörde als Ausnahme von der sonst eintretenden Regelsteuer eigens bewilligten steuerlichen Vergünstigung außerhalb des Festsetzungsverfahrens dar. Das Erlangen in diesem Sinne zeichnet sich durch Gewähren oder Belassen des Vorteils durch die Finanzbehörde aus und die Nicht-Gerechtfertigung durch das Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.
Was ist bezüglich der Regelbeispiele für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 AO) zu beachten?
Strafmaß des besonders schweren Fall:
Nach § 370 AO ist das Strafmaß höher, wenn ein besonders schwerer Fall gegeben ist. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit einer Verurteilung wegen eines sog. unbenannten schweren Falles. Das heißt, obwohl keiner der dort ausdrücklich genannten Fälle vorliegt, wird der Täter dennoch wegen eines besonders schweren Falles einer Steuerhinterziehung verurteilt. Dies kann eine wesentlich höhere Freiheitsstrafe zur Folge haben. Verwirklicht der Täter einer der dort explizit genannten Fälle oder nimmt das Gericht einen sogenannten unbenannten schweren Fall an, so ist das Strafmaß deutlich höher als bei einer Verurteilung nur nach § 370 Abs. 1 AO. Bei einem besonders schweren Fall gem. § 370 Abs. 3 AO droht eine Freiheitsstrafe von 6 Monate bis zu 10 Jahren.
In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
1. Steuerverkürzung oder Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile in großem Ausmaß (Nr. 1)
- Eine Steuerverkürzung oder Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile in großem Ausmaß liegt vor, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 € übersteigt.
2. Missbrauch der Befugnisse oder der Stellung als Amtsträger (Nr. 2)
- Nr. 2 kann nur durch einen Amtsträger verwirklicht werden.
3. die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
- Nr. 3 stellt ein Pendant zur Nr. 2 dar und bezieht sich auf den Steuer- oder Erklärungspflichtigen.
4. unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
- Hierbei wird kein Fortsetzungszusammenhang verlangt, sondern eine mehrmals wiederholte Begehung.
- Des Weiteren ist hierfür eine Urkundenfälschung erforderlich (Scheinrechnungen genügen nicht).
5. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
- Als Mitglied einer Bande wird der Zusammenschluss von mindestens 3 Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen.
6. Nutzung einer Drittstaat-Gesellschaft zur Verschleierung (Nr. 6)
- Hier wird eine Drittstaat-Gesellschaft gemäß § 138 Abs. 3 AO, auf die der Täter beherrschenden oder bestimmenden Einfluss haben kann, vorausgesetzt.
Was sind die strafrechtlichen Folgen?
Wer vorsätzlich Steuern verkürzt oder sich einen Steuervorteil verschafft, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Bei einem besonders schweren Fall gem. § 370 Abs. 3 AO droht eine Freiheitsstrafe von 6 Monate bis zu 10 Jahren.
Wie Sie vorgehen sollten!
Sollte gegen Sie ermittelt werden sowie eine polizeiliche Vorladung vorliegen, Sie einen Strafbefehl oder Haftbefehl erhalten haben, raten wir Ihnen zunächst zu Schweigen. Machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht gebrauch. Dieses Recht steht Ihnen auch im Nebenstrafrecht zu. Kontaktieren Sie anschließend einen Anwalt. Dieser wird Akteneinsicht beantragen und Ihre Interessen außergerichtlich, als auch gerichtlich vertreten. Umso frühzeitiger Sie sich an einen versierten Rechtsanwalt wenden, desto besser sind Ihre Verfahrenschancen.
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